Skip to main content

Fragen an Rotary Präsident elect Gordon McInally

Rotarys Präsident elect möchte in seiner Amtszeit die Fürsorge in den Mittelpunkt stellen

Wer Gordon McInally nach seiner bevorstehenden Amtszeit als Präsident von Rotary International fragt, wird sofort unterbrochen. „Es ist nicht mein Jahr. Es ist ein Rotary-Jahr“, korrigiert er. „Ich glaube fest an Kontinuität und betrachte die Amtszeiten nicht isoliert.“ An einem stürmischen Oktobertag traf sich McInally (Aussprache: MAK'-ihn-al-ee) mit sechs Mitgliedern des Kommunikationsteams von Rotary, um Fragen zu beantworten, die Rotary-Mitglieder aus aller Welt in sozialen Netzwerken gestellt hatten. Während sich das Filmteam um Mikrofone, Kameras und Beleuchtung kümmerte, herrschte im Raum eine heitere und gelassene Stimmung. Bei seiner Vorstellung als Mitglied des Rotary Clubs South Queensferry, Schottland, machte er Scherze über seine markante Aussprache: „Auch ohne Akzent bin ich Schotte und sehr stolz darauf.“

Foto: Kevin Serna

McInallys schottische Herkunft ist auch in seinem Büro nicht zu übersehen, denn dort hängt ein farbenfrohes Landschaftsgemälde des schottischen Künstlers John Lowrie Morrison an der Wand. „Schottland ist nicht immer so trist, wie es allzu oft dargestellt wird“, stellt er fest. „Es kann auch ein sehr heiterer Ort sein.“ Tatsächlich gibt es viele Klischees über Schottland, mit denen McInally gern aufräumen möchte. „Tartan und Karomuster, das sind traditionell e Stereotypen“, so McInally. Inspiration für seine Präsidentschaftskrawatte kam stattdessen von den leuchtenden Farben seines Lieblingskünstlers Morrison und den Farben einer Muschel aus Thailand. Letztere hatte auch Einfluss auf sein Präsidentenmotto. Zu den weiteren farbenfrohen Kuriositäten in McInallys Büro gehört eine riesige Nachbildung seines Kopfes aus Pappe, die er nach einem Rotary-Institut in Minneapolis erhalten hat. Besucher/innen machen davor gern mal ein Selfie. „Ich glaube, sie verstehen diesen Kopf besser als mich“, sagt er mit einem Lachen. McInally trat im Alter von 26 Jahren dem Rotary Club South Queensferry bei. Frisch verheiratet wollten er und seine Frau Heather neue Wurzeln in ihrer Gemeinde außerhalb von Edinburgh schlagen. Ein Bauer, den sie kennengelernt hatten, lud sie zu einer Rotary-Veranstaltung und einigen Rotary-Treffen ein, worauf schnell die Rotary-Mitgliedschaft folgte. (Heather McInally ist ebenfalls bei Rotary – im Satelliten-Club Borderlands, der zum Rotary Club Selkirk gehört.) „Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein einzelner Zahnarzt aus Edinburgh etwas in der Welt bewirken könnte“, erinnert er sich. „Mir wurde jedoch schnell klar, dass ich durch meine Rotary-Mitgliedschaft genau dazu in der Lage bin. Also habe ich mich engagiert.“ Er möchte in seinem Jahr – nein, im Rotary-Jahr 2023/24 – die psychische Gesundheit in den Vordergrund rücken. Ein Thema, das auch seine Familie betrifft und über das allzu oft geschwiegen wird. McInally ist Botschafter von Bipolar UK, einer Organisation, die Menschen mit einer bipolaren Störung sowie deren Familien und Betreuer/innen unterstützt. Rotary International in Großbritannien und Irland hat sich vor Kurzem mit der Organisation zusammengetan. Mithilfe der Kompetenzen der Mitglieder soll ein solides Netzwerk von Selbsthilfegruppen im ganzen Land aufgebaut werden. „Ich glaube fest daran, dass man die Kompetenzen der Rotary-Mitglieder nutzen sollte – nicht nur ihre Scheckbücher“, sagt er. Im Folgenden finden Sie Auszüge aus dem Gespräch.

Welche Grundwerte sind Ihnen wichtig und wie werden diese Ihre Amtsführung beeinflussen?

Natarajan Sundaresan, Rotary Club Koothapakkam, Indien

Mein Grundwert lässt sich in einem Wort zusammenfassen. Es ist „Fürsorge“. Ich möchte es so formulieren: Ich sorge für Menschen. Als Zahnarzt habe ich viele Jahre lang beruflich für Menschen gesorgt. Fürsorge wurde mir von meinen Eltern vermittelt. Fürsorge haben wir unseren Kindern vermittelt. Und auch unseren Enkelkindern wird heute Fürsorge vermittelt. Ich glaube, wenn die Welt ein fürsorglicherer, freundlicherer Ort wäre, dann wäre sie auch glücklicher, friedlicher. Ich möchte auch, dass wir den Frieden voranbringen.

Wie können wir Rotary-Mitglieder, die sich nicht mehr inspiriert fühlen, dazu bringen, sich wieder mehr zu engagieren?

Jannine und Paul Birtwistle, Rotary Club of Guernsey, Channel Islands

Ich kenne Jannine und Paul sehr gut, daher freut es mich, dass sie eine Frage gestellt haben. Meiner Meinung nach können wir einige Rotary-Mitglieder wieder zu mehr Engagement inspirieren, indem wir die Erfahrung in den Rotary Clubs so gut wie möglich gestalten, damit sich jeder und jede mit den Aktivitäten identifizieren kann. Wir alle haben unterschiedliche Vorstellungen. Einige von uns möchten sich in einem Country Club treffen und gemeinsam zweieinhalb Stunden zu Mittag essen. Andere halten samstagmorgens bei Kaffee und belegten Brötchen ein 45-minütiges Treffen ab, bevor sie ein Serviceprojekt in Angriff nehmen. Und auf den Dienst kommt es an. Wir sind eine Mitgliederorganisation und eine Serviceorganisation. Allerdings schließt das Eine das Andere nicht aus. Wir müssen raus gehen und Serviceprojekte umsetzen. Das bringt nicht nur uns etwas, sondern führt auch dazu, dass neue Mitglieder zu uns finden, die durch unsere Aktionen auf uns aufmerksam werden.

Welche konkreten Pläne hat Rotary, um im Rotary-Jahr 2023/24 dem Klimawandel entgegenzuwirken?

Abdur Rahman, Rotary Club Secunderabad, Indien

Derzeit werden im Rahmen eines unserer großen Projekte Mangroven an verschiedenen Orten weltweit angepflanzt. Es gibt jedoch noch viele weitere Umweltschutzprojekte. Rotary kann aber unmöglich allein das Problem des Klimawandels lösen. Wir müssen unsere Kompetenzen nutzen und uns für dieses Thema bei Regierungen auf der ganzen Welt einsetzen, damit Klimawandel in Zukunft mehr Beachtung findet.

Wie können wir Rotaracter/innen zum Beitritt in Rotary Clubs bewegen?

Dale Kerns, Rotary Club North East, Maryland, USA

Wir müssen sie bereits während ihrer Rotaract-Zeit in Rotary Clubs einladen und ihnen ermöglichen, die Zukunft der Clubs mitzugestalten. Es geht um Mentoring. Und umgekehrtes Mentoring, denn wir können viel von Rotaracter/innen lernen. In Hongkong funktioniert die Integration von Rotaracter/innen hervorragend. Sie treten nach ihrer Rotaract-Zeit einem Rotary Club bei, der Übergang ist nahtlos. Eine strikte Trennung gibt es daher nicht. Rotaract und Rotary sind wunderbar ineinander verwoben. Davon profitieren beide Seiten. Manche sagen, Rotaract sei die Zukunft von Rotary. Aber eigentlich ist Rotaract die Gegenwart.

Welche Jugendprogramme sind Ihnen wichtig?

Lindy Beatie, Rotary Club Penn Valley, Kalifornien, USA

Ich bin ein großer Fan von RYLA [Rotary Youth Leadership Awards]. Es haben schon so erfolgreiche RYLAs stattgefunden. Schüler/innen weiterführender Schulen können sich durch eine RYLA-Teilnahme erstaunlich verändern. Ruhige, introvertierte junge Schüler/innen finden dabei zu sich selbst und blühen richtig auf. Es ist wichtig, dass wir junge Menschen mit Entwicklungspotenzial für RYLA auswählen – nicht die Überflieger/innen, die es sowieso weit bringen werden. Wir müssen junge Menschen einladen, die sich weiterentwickeln können. Ich bin auch ein Fan des Rotary-Jugendaustauschs. Ich freue mich, dass wir das Jugendaustauschprogramm jetzt wieder fortsetzen können. Gerade in den letzten Wochen sind junge Menschen in der ganzen Welt unterwegs gewesen, um eine Erfahrung zu machen, die ihr Leben verändern wird. Damit sind wir wieder bei der Frage der Gestaltung einer friedlicheren Welt. Denn wenn wir jungen Menschen ermöglichen, ein Jahr lang mit anderen jungen Menschen in einer anderen Kultur zusammenzuleben, stellen sie schnell fest, dass wir alle im Grunde gleich sind. Konflikte muss es nicht geben, da wir alle an einem Strang ziehen können und ähnliche Ziele verfolgen. Rotary geht immer wieder neue Partnerschaften ein und startet neue Projekte.

Wie können wir bei einer wechselnden Präsidentschaft Kontinuität gewährleisten?

Marissa De Luna, Rotary Club Sweetwater San Diego, Kalifornien, USA

Kontinuität bedeutet für mich nicht, Jahr für Jahr das Gleiche zu tun. Ich meine damit einen Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung, der kontinuierlichen Verbesserung. Das bedeutet, verschiedene Projekte und Initiativen in Angriff zu nehmen, denn die Bedürfnisse und Anforderungen sind zu jeder Zeit unterschiedlich. Unser Präsidentschaftskonzept ist meiner Meinung nach schlüssig. Wir können uns mit neuen Projekten befassen und nach neuen Möglichkeiten suchen. Kontinuität praktizieren wir dann, wenn wir langfristig planen und während einer Präsidentschaft nichts übereilt abschließen möchten.

Was ist Ihrer Meinung nach das größte Potenzial von Rotary als Organisation, das noch nicht vollständig ausgeschöpft wurde?

Claudia Arizmendi, Rotary Club Hermosillo Milenio, Mexiko

Während der Pandemie gab es eine starke Zunahme der Freiwilligenarbeit. Ich denke, wir können an diese Menschen herantreten und sie ermutigen, sich weiterhin ehrenamtlich bei Rotary zu engagieren. Denn meiner Meinung nach liegt es in unsere Natur, für andere zu sorgen. Wenn wir andere zur Fürsorge ermutigen und auf dem fürsorglichen Miteinander, das wie während der Pandemie erlebt haben, aufbauen können, wäre das ein wunderbares Vermächtnis. Weltweit sind etwa 6,5 Millionen Menschen aufgrund von COVID gestorben. Diese Tode dürfen nicht umsonst gewesen sein. Wenn es uns gelingt, mit den Menschen in Kontakt zu treten, die in dieser Zeit anderen geholfen haben, haben wir etwas erreicht.

Photo by: Kevin Serna

Man kann keine Journalist/innen einladen, ohne ihnen zu erlauben, selbst Fragen zu stellen. Die Redaktion des Magazins Rotary wollte Folgendes wissen:

Erzählen Sie uns etwas über Ihr Präsidentenmotto.

Das Motto wird sein: Create Hope in the World (Gib der Welt Hoffnung). Ich glaube, alles beginnt mit der Hoffnung. Während der Feierlichkeiten nach dem Wiederaufbau eines Dorfs in Thailand, bei dem Rotary International in Großbritannien und Irland nach dem Tsunami 2004 im Indischen Ozean geholfen hat, traf ich eine Frau. Sie schien etwa 70 oder 80 Jahre alt zu sein. Es stellte sich aber heraus, dass sie erst um die 50 war. Der Tsunami hatte alles zerstört. Ihr Haus, ihren Garten. Nichts war mehr da. Sie hatte ein neues Zuhause, aber sie hatte alles verloren. Sie gab mir eine Muschel, die sie über 30 Jahre lang aufbewahrt hatte. Sie bestand darauf, dass ich sie an mich nehme. Sie sagte: „Ich hatte alles verloren, auch meine Hoffnung. Aber Rotary hat mir Hoffnung gegeben, um weiterzumachen.“ Diese Muschel besitze ich bis zum heutigen Tag. Wenn Menschen keine Hoffnung mehr haben, haben sie nicht die Kraft weiterzumachen. Es ist ein Handlungsaufruf: Create Hope in the World – Gib der Welt Hoffnung.

Was sind Ihre Prioritäten?

In Bezug auf die Kontinuität möchten wir weiterhin Mädchen und Frauen stärken. Außerdem werden wir unsere Mitglieder dazu anregen, sich öfter virtuell auszutauschen.

Wir möchten Friedensförderung von Grund auf stärken. Es geht nicht darum, Kriege zu beenden. Es geht darum zu verhindern, dass Kriege beginnen. Es geht darum vorzubeugen. Dies gilt für fast jeden unserer Schwerpunktbereiche.

Den dritten Schwerpunkt bildet eine Initiative zur psychischen Gesundheit. Viele Menschen haben seit der Pandemie psychische Probleme. Es ist sozusagen eine Pandemie nach der Pandemie. Ich selbst kenne Menschen, deren psychische Gesundheit beeinträchtigt ist. Wahrscheinlich haben wir alle gelegentlich mit psychischen Problemen zu kämpfen. Rotary muss groß und mutig genug sein, sich diesem Thema anzunehmen und auszuloten, wo wir etwas bewirken können. Im Grunde geht es darum, das Gespräch über psychische Gesundheit anzuregen und den Menschen dabei zu helfen, professionelle Hilfe zu erhalten. Wir müssen sie dann auf ihrem Weg unterstützen.

Mein Bruder hat Suizid begangen. Es ist immer noch sehr schmerzhaft. Ich erzähle das nicht, um Mitleid zu erregen, sondern um deutlich zu machen, dass wir alle betroffen sein können. Wir können das Thema nicht einfach unter den Teppich kehren. Als globales Netzwerk mit 1,4 Millionen Menschen haben wir die Möglichkeit, dazu beizutragen, dass dieses Thema weniger tabuisiert und weniger stigmatisiert wird.

Sie waren auch Präsident von Rotary International in Großbritannien und Irland. Welche Erfahrungen, die Sie dabei gemacht haben, werden Sie in Ihre neue Rolle einbringen?

Ich habe gelernt, alle zwei oder drei Tage in einem anderen Bett zu schlafen, da ich in diesem Jahr viel durch Großbritannien und Irland gereist bin. Ich habe gelernt, dass jeder Rotary Club einzigartig ist und dass sich die Interessen der Rotary-Mitglieder unterscheiden. Nicht alle sind so leidenschaftlich wie ich. Manchmal habe ich das Gefühl, etwas übereifrig zu sein. Aber wir alle haben unsere Eigenheiten. Das Geheimnis besteht darin, das Interesse anzuregen und dafür zu sorgen, dass Mitglieder die Dinge umsetzen können, die ihnen wichtig sind. Wir müssen unsere Mitglieder einbinden. Wir binden sie nicht ein, wenn wir ihnen vorgeben, was sie tun müssen. Wir binden sie ein, wenn wir sie fragen, was Rotary für sie tun kann.

Sie sind Zahnarzt. Wenn Sie ein Zahn wären, welcher wäre das?

Wahrscheinlich wäre ich ein Schneidezahn, denn das ist der Zahn, der mit der Arbeit beginnt. Man schiebt sich sein Essen ja nicht gleich bis zum Rachen. Die Schneidezähne führen den Prozess an. Und ich glaube, ich bin eine gute Führungsperson. Allerdings ist ein Schneidezahn nicht wichtiger als die anderen Zähne. Sie alle sind beim Essen gleich wichtig.

Der Originalbeitrag erschien in der März-Ausgabe 2023 des Magazins Rotary 

Wenn Sie an die Rotary Foundation spenden, fördern Sie unsere Dienstprojekte - Projekte, die die Kinderlähmung ausrotten, den Frieden fördern und Entwicklungshilfe leisten.

Gordon McInally