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Saubere Flüsse - Lebensadern für Ökosysteme

UN-Umweltorganisation setzt auf Rotarys Reichweite zum Schutz von Flüssen und Gewässern

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Als Salvador Rico ein Junge war, pachtete sein Vater eine Farm in der Nähe der Stadt Buenavista im mexikanischen Bundesstaat Jalisco. Der Fluss Ameca floss in der Nähe, und seine älteren Geschwister hielten oft an, um zu schwimmen, wenn sie ihrem Vater das Mittagessen aufs Feld brachten. Als seine Schwester Agueda in den 1960er Jahren an Kinderlähmung erkrankte und starb, glaubte seine Familie, dass das von Abwässern verschmutzte Wasser, in dem sie schwamm, daran schuld war. Auf dem Schoß seiner Mutter zu sitzen und ihr zuzusehen, wie sie Nacht für Nacht über den Verlust weinte, hinterließ bei Salvador Rico einen bleibenden Eindruck. „Ich versprach mir selbst, eines Tages etwas gegen die Verschmutzung zu tun“, sagt er.

Die Möglichkeit, dieses Versprechen einzulösen, eröffnete sich, als Rico 2007, mittlerweile in den USA, Rotary beitrat. Zwei Jahre später schloss sich sein Club, der Rotary Club South Ukiah, Kalifornien, mit einer lokalen Umweltgruppe zusammen, um den Russian River, eine wichtige Wasserstraße nördlich von San Francisco, zu reinigen. „Das weckte Erinnerungen an Mexiko und daran, wie sehr dort die Bäche und Flüsse verschmutzt sind“, sagt Rico. „Ich sah, wie wir es schafften, das Wasser zu reinigen, und dachte mir, dass wir die Menschen in Mexiko vielleicht dazu ermutigen könnten, dasselbe zu tun“.

20123 lernte Rico auf einer Projektmesse in Mexiko weitere Rotary-Mitglieder kennen. Sie blieben bis spät in die Nacht auf und entwarfen einen ehrgeizigen Plan, der von den Städten, in denen Rotary Clubs ansässig waren, über die Gemeinwesen ohne Abwasserkläranlagen bis hin zu den größten Industriezweigen, die zur Wasserverschmutzung beitragen, alles berücksichtigte. Und der Fluss, mit dem die mexikanischen Rotary-Mitglieder beginnen wollten, war kein anderer als der Ameca. „Ich sagte: 'Das berührt mich sehr'“, erinnert sich Rico.

Eunice Kamau nahm an einer Säuberungsaktion des Naivasha-Sees organisiert vom Rotaract Club Naivasha, Kenia, teil. „Wenn wir uns nicht um diesen See kümmern, wird die gesamte Gesellschaft von Naivasha zusammenbrechen“, sagt sie. „Ich kümmere mich um meine Leute“.

Foto: Andrea Dekrout

Über mehrere Jahre hinweg initiierten Rotary-Mitglieder entlang des Ameca Säuberungsaktionen, setzten sich bei den Regierungen für die Modernisierung der Abwassersysteme ein und überzeugten eine Zuckerfabrik davon, ein Kompostierungssystem für ihre Abfälle einzusetzen. In der Stadt Puerto Vallarta an der Mündung des Flusses an der Pazifikküste starteten Rotary-Mitglieder eine groß angelegte Säuberungsaktion, die von Regierungsvertreter/innen unterstützt wurde. Nachbarschaftsvereinigungen übernahmen später das Projekt und setzten die Arbeit fort. „Wir haben festgestellt, dass Rotary Clubs einen großen Einfluss im Gemeinwesen haben“, sagt Rico. „Man muss nur die Saat pflanzen, dann findet man auch engagierte Menschen und lässt sie die Sache in die Hand nehmen“.

Genau auf diese lokale Reichweite und diesen Einfluss setzen Rotary und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen bei ihrer neuen gemeinsamen Initiative Community Action for Fresh Water. Die beiden Organisationen arbeiten zusammen, um Mitglieder von Rotary, Rotaract- und Interact-Clubs in die Lage zu versetzen, mit Hilfe von UNEP Schritt-für-Schritt-Anleitungen und anderen Ressourcen Gewässer zu adoptieren. Die strategische Partnerschaft wurde im Januar auf der Internationalen Versammlung von Rotary in Orlando, Florida bekannt gegeben. „Diese Partnerschaft wird Rotary dabei helfen, zum kollektiven Handeln anzuregen, uns in unserem neuesten Schwerpunktbereich zu profilieren und das Beste die Ressourcen von Rotary und der Rotary Foundation zu optimieren“, so RI Präsidentin elect Stephanie Urchick.

So kann Ihr Club helfen

Auf allen Stufen kann der Rotary Cadre of Technical Advisers Aktivitäten unterstützen und bei der Projektentwicklung sowie bei Überwachungsmaßnahmen helfen.

Grundstufe

  • Flusssäuberungsaktionen
  • Aufklärungskampagnen im Gemeinwesen
  • Engagement für lokale Gewässer

Mittelstufe

  • Fortlaufende Aktivitäten zur Gewässersäuberung
  • Grundlegende Messung der Wasserqualität, Bewertung von Bedrohungen
  • Entwicklung von Projekten
  • Umsetzung von Projekten und Zusammenarbeit mit Partnern

Fortgeschrittene Stufe

  • Kontinuierliche Überwachung und Bewertung des Zustands von Wassereinzugsgebieten
  • Kollektive standortbezogene Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen der Süßwasserbeeinträchtigung
  • Zusammenarbeit mit UNEP-Expert/innen und internationale Interessenvertretung
  • Berichterstattung an eine nationale Datenbank (Bürgerwissenschaft)

Die Süßwassersysteme sind durch den Klimawandel, den Verlust von Lebensraum und biologischer Vielfalt sowie durch Verschmutzung bedroht. Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt sind durch die fortschreitende Vergiftung von Oberflächen- und Grundwasserquellen akut gefährdet.

UNEP hat sich zum Ziel gesetzt, Ökosysteme zu schützen. Der Schlüssel dazu ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinwesen in der Nähe dieser Systeme. Hier kommen Rotary und dessen globales Netzwerk ins Spiel. „UNEP ist begeistert von dieser Partnerschaft mit Rotary und der Möglichkeit, direkt mit lokalen Gemeinwesen auf globaler Ebene zusammenzuarbeiten“, sagt Gavin Reynolds, Experte für Süßwasser-Ökosysteme bei UNEP. „Rotary ist mit seiner globalen Reichweite, seiner engen Verbindung zu den Gemeinwesen und seinem handlungsorientierten Engagement, das sicherstellt, dass Projekte Veränderungen bewirken und Auswirkungen haben, ein hervorragender Partner für UNEP“.

Die Initiative bietet Rotary Clubs eine koordinierte Möglichkeit, sich für den Umweltschutz, dem siebten Schwerpunktbereich der Rotary Foundation, einzusetzen. Clubs können sich um District und Global Grants für Community Action for Fresh Water-Projekte bewerben. Zu den möglichen Aktivitäten gehören die Säuberung von Flüssen, die Wiederherstellung von Lebensräumen, einheimische Anpflanzungen, Biodiversitätsprojekte, Abwasseraufbereitung und die Überwachung von Seen.

Die Geschichte von Rotary mit den Vereinten Nationen reicht bis zur Gründung der UNO im Jahr 1945 zurück. Viele Jahre lang feierte Rotary den Rotary-Tag bei den Vereinten Nationen. Im Jahr 2018 fand diese Veranstaltung im UNEP-Hauptquartier in Nairobi statt und regte zu Gesprächen darüber an, wie die beiden Organisationen ihre Zusammenarbeit verbessern könnten. Joe Otin, der damalige Vertreter von Rotary bei UNEP, arbeitete mit den Mitarbeiter/innen der UN-Agentur an der Entwicklung des Konzepts zur Adoption von Flüssen. Da Otin im Begriff war, 2019/20 Governor des Rotary Distrikts 9212 (Eritrea, Äthiopien, Kenia und Südsudan) zu werden, arbeitete das Team daran, das Pilotprojekt dort zu starten.

 

In der Vergangenheit hatten Überschwemmungen Schadstoffe in den kenianischen Naivasha-See gespült, und es kam zu einem Cholera-Ausbruch, sagt Eunice Kamau (links).

Foto: Andrea Dekrout

Otin erinnert sich an einen Bach, einen Nebenfluss des Nairobi River, der durch den Hinterhof des Hauses seiner Familie floss, als er in Nairobi aufwuchs. Dort gab es Frösche, Flusskrebse und Fische, die sie versuchten zu fangen und als Haustiere zu halten. „Für mich und meine Geschwister war es eine großartige Erfahrung, dieses ganze Ökosystem zu sehen“, sagt er. Doch mit der Zeit belastete die Entwicklung den Wasserweg. Der Fluss wurde immer schmutziger, geschwärzt von menschlichen, industriellen und landwirtschaftlichen Abfällen, mit einem schrecklichen Gestank, erinnert er sich. Der Fluss war tot. „Wenn man sich den Fluss auf Google Maps anschaut, sieht es aus, als hätte jemand mit einem schwarzen Marker eine Linie über den Fluss gezogen“, sagt er.

Otin und sein Team begannen zu erforschen, wie ein Erfolg aussehen würde, und wendeten sich dabei der Themse zu, die durch London und Südengland fließt. Untersuchungen des verschmutzten Flusses in den 1950er Jahren führten dazu, dass Wissenschaftler einen Großteil des Flusses für biologisch tot erklärten. Dank der Bemühungen zur Erhaltung des Flusses, die die Quellen und Arten von Verunreinigungen identifizierten, die Interessenvertretungen einbanden und die Abwasserinfrastruktur verbesserten, leben heute mehr als 120 Fischarten in dem Fluss.

Die Mitglieder des Distrikts 9212 nahmen sich dieses Beispiel zu Herzen und arbeiteten mit UNEP zusammen. Sie wählten neun Flüsse aus, auf die sie sich konzentrierten. 20 Rotary Clubs machten mit. Sie konzentrierten sich nicht nur auf das Sammeln von Müll, sondern katalogisierten Informationen über die Verschmutzung und ihre Auswirkungen, um die Entwicklung eines langfristigen Plans voranzutreiben. Diese Art der Datenerfassung wird als Bürgerwissenschaft bezeichnet.

„Ich wusste von Anfang an, dass wir das richtige Konzept entwickeln müssen“, sagt Otin. „Wenn wir das nicht richtig hinbekämen, würden wir die gleichen Dinge tun, die wir schon seit ewigen Zeiten tun“.

UNEP setzt darauf, dass Rotary Clubs ihre eigenen Bürgerwissenschaft-Initiativen durchführen und die gesammelten Daten dazu beitragen, Politikern und Geldgebern ein globales Bild über den Zustand der weltweiten Süßwasser-Ökosysteme zu vermitteln.

Während sich das Rotary-UNEP-Pilotprojekt in Afrika entwickelte, setzte Rico seine Arbeit zur Säuberung von Flüssen in Mexiko und darüber hinaus fort und ging Partnerschaften mit Rotary Action Groups ein u.a. für Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene und für ökologische Nachhaltigkeit, um weltweit über das Projekt weltweit zu informieren. Rotary Clubs waren an Flussreinigungen in Ländern wie Ecuador, Kolumbien, Indien, Ägypten, Serbien, der Türkei, Venezuela und anderen beteiligt.

Im September unterzeichneten Rotary Clubs, gemeinnützige Organisationen, Unternehmen und die Regierung Guatemalas eine Vereinbarung zur Gründung einer Allianz zur Reinigung des Motagua-Flusses. Die Wasserstraße, einer der am stärksten verschmutzten Flüsse der Welt, führt jedes Jahr mindestens 8.500 Tonnen Abfall in die Karibik. Wenige Tage später reiste Rico nach Honduras, das zum Einzugsgebiet des Motagua gehört, um an einer Unterzeichnungszeremonie für die teilnehmenden Rotary Clubs in beiden Ländern teilzunehmen.

„Ich ging zum Strand. Man kann dort nicht barfuß laufen, es gibt so viele Nadeln und alle Arten von Plastik“, sagt er. „Ich wollte eine Säuberungsaktion durchführen, aber wir sind nur ca. 50 Meter weit gekommen. Man konnte wahrscheinlich einen Lastwagen füllen, so schlimm war es“.

Trotzdem ist er motiviert, weiterzumachen. „Es ist ein Versprechen, das ich meiner Mutter gegeben habe“, sagt er, „also kann ich nicht aufhören, bis es erledigt ist“.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Februar-Ausgabe 2024 des Rotary Magazins.

Rotary und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen starteten jüngst eine neue gemeinsame Initiative: Community Action for Fresh Water.